Wann verjährt der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
26.05.2021 – Arbeitnehmende haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses (Art. 330a OR). Sie können jederzeit ein Arbeitszeugnis vom Arbeitgeber verlangen. Dabei kann es während des Arbeitsverhältnisses als Zwischenzeugnis oder erst bei dessen Beendigung als Schlusszeugnis ausgestellt werden. Wann dieser Anspruch auf die Ausstellung des Arbeitszeugnisses verjährt, wurde in einem jüngeren Entscheid erstmals vom Bundesgericht entschieden.
Die Verjährung von arbeitsrechtlichen Forderungen führt regelmässig zu Unklarheiten. So war bislang nicht restlos geklärt, wann die Verjährung des Anspruchs auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses eintritt. In der Literatur wurden die Ansichten einer Verjährungsfrist von fünf oder zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vertreten. Dabei war strittig, ob wie beim Ferienanspruch die fünfjährige Verjährungsfrist von Art. 128 Abs. 3 OR gilt oder die Zeugnisforderungen der zehnjährigen Verjährungsfrist von Art. 127 OR unterliegen.
Das Bundesgericht schloss sich in seinem Urteil nun der herrschenden Lehre an, welche die zehnjährige Verjährungsfrist befürwortete. Dabei betonte es, die kürzere fünfjährige Verjährungsfrist, sei zum Zwecke der raschen Abwicklung von Forderungen des laufenden Geschäfts eingeführt worden. Da sie einseitig zulasten des Arbeitnehmers gehe, sei sie eng auszulegen. Sie sei v.a. für Lohnforderungen oder andere Geldforderungen aus dem Arbeitsverhältnis anwendbar. Der Anspruch auf ein Zeugnis sei zwar vermögensrechtlicher Natur, dies reiche aber nicht aus, um ihn der längeren fünfjährigen Frist zu unterwerfen, da er keine Merkmale eines Gehaltsanspruchs aufweist.
Vorbehalten bleiben Fälle von Rechtsmissbrauch, welche keinen Rechtschutz verdienen. Rechtsmissbräuchliches Verhalten wäre beispielsweise der Fall, wenn der Mitarbeiter ausdrücklich auf den Tod der zuständigen Person oder die Vernichtung der relevanten Dokumente wartet, bevor er ein Arbeitszeugnis anfordert oder korrigieren lässt.
Für Parteien eines Arbeitsverhältnisses ist dieser Entscheid von Relevanz, weil nun höchstrichterlich festgestellt ist, dass Arbeitnehmer bis zu zehn Jahre nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis auch gerichtlich einfordern können.
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