Sind Vordächer Anbauten?

In einem aktuellen Fall hat das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau die Überdachungen an der Ost- und Westfassade eines Gebäudes genauer unter die Lupe genommen. Konkret ging es darum, ob Überdachungen als 'Anbauten' im Sinne der Bauverordnung angesehen werden können. Das Verwaltungsgericht entschied, dass das Vordach an der Westfassade – trotz einer kleinen Unterbrechung von 30cm – in seiner Gesamtheit zu bewerten sei. Dieses Urteil beruhte sowohl auf optischen als auch auf funktionellen Aspekten. Das Vordach überschritt deshalb die laut Bauverordnung erlaubte Grundfläche, weshalb es nicht als Anbaute klassifiziert werden konnte.

Auch bei den Vordächern auf der Ostseite des Gebäudes kam das Gericht zu einem ähnlichen Schluss. Hier wurde argumentiert, dass es sich nicht um eine Nebennutzung, sondern um eine Hauptnutzung handele. Zudem könnten trotz unterschiedlicher Materialien die beiden Teile des östlichen Vordachs nicht getrennt voneinander betrachtet werden, wenn es um die Klassifizierung als Anbaute geht. Auch in diesem Fall wurde die maximal zulässige Grundfläche überschritten.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass sowohl die Vordächer auf der westlichen als auch auf der östlichen Seite des Gebäudes in die Berechnung der Gebäudelänge einfließen müssen. Dadurch erreicht das Gebäude eine Gesamtlänge von etwa 35 Metern, was deutlich über der maximal erlaubten Länge von 30 Metern nach dem lokalen Baunutzungsplan liegt. Die Vordächer mussten deshalb zurückgebaut werden.

WBE.2023.67 – Entscheid Obergericht / Verwaltungsgericht / 3. Kammer vom 02.11.2023 - Kanton Aargau - Erlass-Sammlung (ag.ch)

Stichworte: Vordach, Baurecht, Baubewilligung, Rückbau, Rechtmässiger Zustand, Anbau