Zu zwei Besonderheiten kantonaler Bauvorschriften im Kanton Aargau

Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau weist in einem jüngsten Urteil (WBE.2021.426 vom 22.09.2022) auf zwei Besonderheiten der kantonalen Bauvorschriften hin:

  • Grenzabstände gelten im Kanton Aargau nicht nur für Gebäude im Sinne der Begriffsdefinition der IVHB, sondern für alle Arten von Bauten und Anlagen (E. II./1.2)

  • Gemäss der kantonalen Besitzstandsgarantie (§ 68 BauG) dürfen rechtmässig erstellte Bauten und Anlagen, die den geltenden Plänen oder Vorschriften widersprechen, unter den § 68 lit. a - c BauG definierten Voraussetzungen unterhalten und zeitgemäss erneuert (lit. a), angemessen erweitert, umgebaut oder in ihrem Zweck geändert (lit. b) und bei Zerstörung durch Brand oder andere Katastrophen wieder aufgebaut werden (lit. c). In einzelnen Kantonen wurde der Bestandesschutz durch die Rechtsprechung überdies auf Fälle ausgedehnt, in denen die materielle Rechtswidrigkeit nicht infolge einer Rechtsänderung ein getreten ist, sondern weil die Baute von der Baubewilligungsbehörde in falscher Anwendung materieller Baunormen formell rechtskräftig bewilligt und die Baute entsprechend dieser Bewilligung errichtet wurde (E II./3.2.) Das Verwaltungsgericht lässt es offen, ob eine solche Ausdehnung des Anwendungsbereichs der kantonalen Besitzstandsgarantie auch im Kanton Aargau übernommen werden soll (E. 3.3.2).

(https://gesetzessammlungen.ag.ch/app/de/decrees/5770)

Stichworte: Baurecht, Baubewilligung, Baueinsprache, Einwendung, Photovoltaik, Grenzabstand, Besitzstand, Aargau, Beschwerde, Verwaltungsgericht