Revision des Bauvertragsrechts

15.09.2020 – Der Bundesrat beabsichtigt das Bauvertragsrecht teilweise zu revidieren. Nach heute geltendem Werkvertragsrecht sind Mängel an Werken, die erst nach Ablieferung zutage treten «sofort» nach deren Entdeckung zu rügen. «Sofort» bedeutet nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich nach sieben Tagen. Wird ein Mangel nicht innert dieser Frist gerügt, gelten die Mängelrechte als verwirkt. Diese kurze Rügefrist hat in der Praxis oft zur Folge, dass entweder die Mängel nicht rechtzeitig gerügt werden oder der Mangel gegenüber allen potenziell verantwortlichen Unternehmen gerügt wird (wenn z.B. bei Bauwerkverträgen nicht klar ist, welches Bauunternehmen für den Mangel verantwortlich ist). Solche vorsorglichen "Rundumschläge" widersprechen jedoch dem in Geschäftssachen üblichen Anstand, welcher gebietet, Vertragspartnern nicht leichthin Vertragsverletzungen vorzuwerfen.

 

Ein zweiter Aspekt, den der Bundesrat zu revidieren beabsichtigt, sind Haftungsausschlüsse und die Abtretung von Mängelrechten beim Wohnungskauf. In der Praxis wird heute in Verträgen über den Kauf von Eigentumswohnungen (Stockwerkeinheiten) die Haftung des Verkäufers regelmässig wegbedungen. Der Verkäufer tritt dabei meist seine Mängelrechte gegenüber den am Bau beteiligten Unternehmen dem Käufer ab. Was auf den ersten Blick problemlos erscheint, erweist sich im Nachhinein für Wohnungskäufer oft als nachteilig. Weil beim Bauen zahlreiche Unternehmen mitwirken, sind für die Ausübung der Mängelrechte nicht selten vertiefte Kenntnisse über den Bauvorgang sowie die verschiedenen Bauverträge erforderlich. Diese Kenntnisse haben die Käufer regelmässig nicht und können so die ihnen abgetretenen Mängel nicht durchsetzen.

 

Anlass für die Gesetzesrevision haben parlamentarische Initiativen der Nationalräte Hutter und Gössi gegeben. Während die Initiative Hutter angepasste Rügefristen im Werkvertragsrecht verlangt, strebt die Initiative Gössi verbindliche Haftungsregeln beim Kauf neuer Wohnungen an.

 

Das geltende Recht zu den Rügefristen im Werkvertragsrecht soll wie folgt angepasst werden. Anstelle der «Sofortrügefrist» soll eine Frist von 60 Tagen zur Rüge von Mängeln bei unbeweglichen Werken treten. Diese Rügefrist soll zudem nicht nur für Werkverträge, sondern auch für Grundstückkaufverträge gelten. Damit soll insbesondere Bauherren und Käufern von Immobilien eine längere Zeitspanne zur Rüge von Mängeln eingeräumt werden, weil der Verlust sämtlicher Mängelrechte nach Ablauf der Rügefrist doch eine erhebliche Härte aufweist. Mit dieser geplanten Gesetzesrevision würden die Bestimmungen des Obligationenrechts an jene der SIA-Norm 118 angenähert werden. Nach der SIA-Norm 118 können Mängel grundsätzlich während zwei Jahren nach Abnahme des Werkes gerügt werden (wobei andere Fristen für offensichtliche und erkennbare sowie versteckte Mängel gelten). Die SIA-Normen gelangen allerdings nur zur Anwendung, wenn dies von den Vertragsparteien vereinbart wurde.

 

Die Wegbedingung und Abtretung von Mängelrechten sollen folgende Revision erfahren. Das Recht auf Nachbesserung bei Mängeln an Bauten zum persönlichen oder familiären Zweck soll künftig von Gesetzes wegen nicht mehr ausgeschlossen werden können. Gleiches soll für Werk- und Grundstückkaufverträge gelten. Das würde bedeuten, dass Verkäufer solcher Bauten in Zukunft zwar andere Mängelrechte (Wandelung oder Minderung) wegbedingen könnten, nicht jedoch das Nachbesserungsrecht.

 

Weiter will der Bundesrat das geltende Recht zum Bauhandwerkerpfandrecht anpassen. Bezahlt heute ein Bauherr oder dessen Generalunternehmer die Bauunternehmer nicht, können diese nach geltendem Recht ein sogenanntes Bauhandwerkerpfandrecht im Grundbuch eintragen lassen. So besteht das Risiko für Bauherren, dass deren Generalunternehmer beauftragte Subunternehmer nicht bezahlt und der Bauherr den Werkpreis deshalb zweimal (einmal an den Generalunternehmer und einmal an den Subunternehmer zur Vermeidung der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts) bezahlt. Als Alternative kann der Bauherr eine hinreichende Sicherheit (z.B. Bankgarantie) leisten. Gemäss der geplanten Gesetzesrevision soll eine solche Ersatzsicherheit nur noch Verzugszinsen für die Dauer von zehn Jahren decken müssen und nicht wie bisher für unbeschränkte Zeit.

 

Zusammenfassend soll die Rügefrist im Werkvertragsrecht verlängert werden und so an die bestehende SIA-Regelung angenähert werden. Gleichzeitig soll die Wegbedingung des Nachbesserungsrechts bei Werk- oder Kaufverträgen über Wohnungen zum persönlichen oder familiären Gebrauch ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt sieht der Bundesrat eine leichte Revision des Bauhandwerkerpfandrechts vor.

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